Neurofeedback
Neurofeedback und die Polyvagal-Theorie: Wege zur Selbstregulation
In einer Zeit, in der Stress, Angstzustände und Konzentrationsprobleme zunehmen, suchen viele Menschen nach effektiven, nicht-invasiven Methoden zur Verbesserung ihres Wohlbefindens. Zwei Ansätze, die in diesem Kontext an Bedeutung gewinnen, sind das Neurofeedback und die Polyvagal-Theorie. Beide zielen darauf ab, die Selbstregulationsfähigkeit des Nervensystems zu stärken und so zu mehr innerer Balance zu führen.
Was ist Neurofeedback?
Neurofeedback ist eine spezielle Form des Biofeedbacks, bei der die elektrische Aktivität des Gehirns (EEG) in Echtzeit gemessen und zurückgemeldet wird. Durch visuelle oder akustische Signale erhält der Patient unmittelbares Feedback über seine Gehirnaktivität und kann lernen, bestimmte Muster zu beeinflussen. Ziel ist es, dysfunktionale Gehirnwellenmuster zu erkennen und durch Training zu optimieren, um die Selbstregulation zu verbessern.
Die Polyvagal-Theorie: Ein neues Verständnis des Nervensystems
Die Polyvagal-Theorie, entwickelt von Dr. Stephen Porges, bietet ein erweitertes Modell des autonomen Nervensystems. Sie unterscheidet drei Hauptzustände:
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Ventrales Vagus-System: Fördert soziale Interaktion und Entspannung.
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Sympathikus: Aktiviert Kampf- oder Fluchtreaktionen bei Gefahr.
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Dorsales Vagus-System: Führt bei überwältigendem Stress zu Immobilisierung oder “Shutdown”.
Ein zentrales Konzept ist die “Neurozeption” – die unbewusste Bewertung von Sicherheit oder Bedrohung in der Umgebung. Dysregulationen in diesem System können zu chronischem Stress oder Traumafolgestörungen führen.
Verbindung von Neurofeedback und Polyvagal-Theorie
Beide Ansätze zielen darauf ab, das autonome Nervensystem zu regulieren und die Fähigkeit zur Selbstregulation zu stärken. Neurofeedback kann helfen, das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Zuständen des Nervensystems, wie sie in der Polyvagal-Theorie beschrieben werden, wiederherzustellen. Durch das Training spezifischer Gehirnwellenmuster kann beispielsweise die Aktivität des ventralen Vagus-Systems gefördert werden, was zu mehr sozialer Verbundenheit und innerer Ruhe führt.
Anwendungsgebiete von Neurofeedback
Neurofeedback wird bei verschiedenen Störungen eingesetzt, darunter:
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ADHS: Verbesserung von Aufmerksamkeit und Impulskontrolle.
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Angststörungen: Reduktion von übermäßiger Angst und Förderung von Entspannung.
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Depressionen: Stabilisierung der Stimmung und Steigerung des Wohlbefindens.
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Schlafstörungen: Verbesserung der Schlafqualität und Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus.
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Migräne: Reduktion der Häufigkeit und Intensität von Kopfschmerzen.
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PTBS: Linderung traumatischer Stressreaktionen und Förderung emotionaler Stabilität.
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Burnout: Wiederherstellung der emotionalen und kognitiven Balance.
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Long COVID: Unterstützung bei kognitiven Beeinträchtigungen und allgemeinem Wohlbefinden.
Wie funktioniert eine Neurofeedback-Sitzung?
Während einer Sitzung werden Sensoren am Kopf angebracht, um die Gehirnaktivität zu messen. Diese Daten werden in Echtzeit auf einem Bildschirm dargestellt. Durch visuelle oder akustische Rückmeldungen lernt der Patient, bestimmte Gehirnwellenmuster zu fördern oder zu hemmen. Mit regelmäßigen Sitzungen kann so die Gehirnfunktion nachhaltig verbessert werden.
📚 Weiterführende Ressourcen
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Polyvagal-Theorie und Trauma: therapeuten.traumaheilung.de
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Polyvagal-Theorie in der Therapie: praxis-mkrause.de
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Neurofeedback bei ADHS: adhs.schule
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Meta-Analyse zu Neurofeedback: idw-online.de
Durch die Kombination von Neurofeedback und der Polyvagal-Theorie eröffnen sich neue Wege zur Förderung der Selbstregulation und des allgemeinen Wohlbefindens. Diese Ansätze bieten vielversprechende Möglichkeiten für Menschen, die nach effektiven, nicht-invasiven Methoden zur Unterstützung ihrer mentalen Gesundheit suchen.